Satzregeln

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egenüber der Antiqua hat die Fraktur einige Vorzüge aufzuweisen. So unterscheiden sich ihre Großbuchstaben stärker voneinander, gleichzeitig läuft sie insgesamt schmaler. Hierdurch kann das Auge ganze Worte schneller auffassen. Einige Lesehilfen --- wie das lange [s] --- erfordern jedoch die Aufmerksamkeit des Schreibers.

Normalerweise brauchen Sie sich in Fontura nicht mit der überlieferten Grammatik der Fraktur herumschlagen, denn der integrierte Konverter wandelt über 98% aller Sonderregeln richtig um. Dort, wo die Schreibweise jedoch vom Sinn des Wortes abhängt, stößt ein automatisches Verfahren an seine Grenzen. Deshalb können Sie mit wenigen einfachen Steuerzeichen die richtige Schreibweise erzwingen, wo es nötig ist. Machen Sie sich dazu mit den Schreibregeln vertraut.

Anlaut-s

Die deutsche Schrift unterscheidet außer s und ß noch ein drittes kleines s, das lange [s], das aussieht wie ein f ohne Querstrich. Es wird Anlaut-s genannt und ist das normale kleine s. Es steht überall, wo keine Regel etwas anderes sagt. Es steht am Anfang und im Innern von Silben, somit immer am Wortanfang (sehen, sausen, spielen) und fast immer mitten im Wort (lesen, einst, Wunsch).

Schluss-s

Das runde kleine s – auch Schluss-s genannt – steht grundsätzlich nur am Wortschluss (lies, Haus), auch dann, wenn sich der Wortschluss inmitten eines zusammengesetzten Wortes befindet (Haustür, aussehen).

Schluss-s steht vor Nachsilben, die mit einem Mitlaut beginnen, wie -lein, -chen, -mus, -bar usw. (Häuschen, Weisheit, lesbar, boshaft, Bistum, wohlweislich, Wachstum, Realismus).

Schluss-s steht in den Fremdwortsilben -dis und -des sowie vor den Konsonanten k, n, m, w und d (Desinfektion, Distribution, grotesk, Oskar, Oswald, Dresden).

Sonderfälle

Das Schluss-s steht nicht, wenn der Auslaut durch ein angehängtes „e“ verschoben wird (zu Hause, böse) oder ein unbetontes „e“ entfällt (prei[s]´, Wech[s]ler, au(s)erle[s]ne) oder abgekürzt wird (Ab[s]., Zus., [s].)

Merke: Im Haus, wo ich zu Hause bin, da hau[s] ich und haushalte ich.

Am Schluss einer Silbe steht auch dann das lange [s], wenn die Fuge keine sonst selbständigen Worte trennt (Ga[s]-se, Wa[s]-ser, la[s]-sen, mü[s]-sen).

Nach der neuen Rechtschreibung wird statt ß oft „ss“ geschrieben. Die alte Schrift ist darauf nicht ausgelegt! Da es vom Sinn der Worte abhängt, wo s und wo ß steht, kann Fontura dies nicht immer richtig erraten. Schreiben Sie deshalb ß, wo es hingehört (Grüße, Straße, Spaß, daß, kraß, ließen, Paßform).

Merke: für lateinisch „ss“ steht niemals (s)(s)! Kuss → Kuß, Masse → Masse, Aussicht → Aussicht.

Trennfuge und Steuerzeichen

Die verschiedenen kleinen s-Formen verbessern den Lesefluss: [s] markiert den Wortanfang und rafft die Worte, (s) signalisiert das Wortende und erleichtert die Betonung. Wo Antiqua oft Rätsel aufgibt, ist Fraktur stets eindeutig.

Um sie richtig zu schreiben, muss man jedoch wissen, wo ein Wort zuende ist. Das ist bei Zusammensetzungen schwierig, wenn die Einzelworte nicht mehr bewusst sind oder aus fremden Sprachen stammen (Dienstag, Di(s)kont, Diskus, Riesling, Atmosphäre, Disziplin, Distel).

Da Fontura die Bedeutung der Worte nicht versteht, vermutet es die Trennfuge nicht immer an der richtigen Stelle. Bei Bedarf können Sie die Trennfuge mit „|“ vorgeben oder mit „[s]“ ein langes [s] oder mit „(s)“ ein rundes (s) erzwingen.

Das ist vor allem nützlich, wenn ein Wort zweideutig ist. Sie können z.B. mit „Wach|stube“ → Wachstube die Stube der Wache bezeichen oder mit „Wachs|tube“ → Wachstube die Tube Wachs.

Wenn Fontura nicht erkennt, dass eine Auslassung vorliegt, können Sie nachhelfen: „erlö[s] mich“ → erlö[s] mich. Auch, wenn es einen Wortschluss übersieht, können Sie eingreifen: „Urlaub(s)planung“ → Urlaub(s)planung. Die Steuerzeichen werden im Text nicht mit ausgegeben.

Ligaturen

Für manche Buchstabenkombinationen wird anstelle der Einzelzeichen ein verbundenes Zeichen gesetzt, das beide Buchstaben enthält – die Ligatur (lat. ligari = „verbunden werden“). So erreicht man einen geschlosseneren Gesamteindruck und erhöht die Lesbarkeit.

Manche Buchstaben bilden an der Stelle, wo sie aneinander grenzen, einen optischen Klecks oder eine unsaubere Lücke. Ligaturen fassen solche Stellen entweder ganz zusammen oder trennen Sie deutlicher ab (fifi, ckck, [s]tst, ffff, [s]chsch tztz.

Die bekannteste Ligatur ist das „sz“, es setzt sich, wie der Name sagt, aus den Buchstaben [s] und z zusammen: [s]zß. Im Deutschen hat es das „sz“ als einzige Ligatur zum eigenen Buchstaben gebracht.

Die drei sogenannten Zwangsligaturen (ch, ck, tz) müssen verwendet werden, wenn sie im Zeichensatz vorhanden sind, und bleiben auch im Sperrsatz erhalten.

Für alle Ligaturen gilt eine wichtige Ausnahme: Eine Ligatur darf nicht gesetzt werden, wenn sie zwei zusammengesetzte Worte zu einem verbinden würde: „Otto“ (Otto) aber „Blut|tat“ (Bluttat), „schellen“ (schellen) aber „viel|leicht“ (vielleicht), „Tatze“ (Tatze) aber „Tat|zeuge“ (Tatzeuge). Benutzen Sie auch hier das Steuerzeichen „|“, um die Bildung einer Ligatur ggf. zu unterdrücken.

Der Duden

Mit den obigen Regeln werden fast alle Fälle richtig geschrieben. Wer es jedoch ganz genau wissen will, dem bleibt nichts anderes übrig, als sich z.B. bei Ebay einen alten Duden zu besorgen, der früher nicht nur die Schreibweise, sondern auch die zu verwendenden Schriftzeichen festlegte.

Auf der Rechtschreibkonferenz von 1901 wurde erstmals überhaupt die Rechtschreibung in ganz Deutschland vereinheitlicht. Dieses Regelwerk war ein großer Kompromiss, entsprechend erlaubte die 7. Auflage des Duden von 1902 zahllose parallele Schreibweisen. Erst danach setzte eine fortschreitende Vereinfachung ein, die mit jeder Ausgabe genauere Vorgaben einführte. 1941 erschien die 12. Auflage als letzte in Fraktur, die auf Hitlers Befehl in Antiqua neu gedruckt werden musste.

Alle Ausgaben dieser Zeitspanne sind im Prinzip als Nachschlagewerk für Fraktur geeignet. Sebst der Duden hat jedoch die Schreibweise mehrfach geändert. Je nachdem, ob ein Wort als Fremdwort oder eingedeutscht betrachtet wurde, änderte sich etwa die s-Schreibung. Dazu wurden ständig neue Worte aufgenommen.

Wer das Thema vertiefen will, findet auf der Fraktur-Seite von Fritz H. Jörn oder in dem hervorragenden Frakturaufsatz von Hans-Georg Soldat weitere Tipps. Letztendlich ist es eine Frage des eigenen Sprachgefühls, wie man schreibt. Auf der nächsten Seite können Sie Ihre eigene Texteingabe in Fraktur anzeigen lassen.

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